Mag. Alina Alavi Kia, Mag. Georg Streit
Wann sind Geschäftsgeheimnisse geschützt?
Nach Ausscheiden aus dem Unternehmen ihrer langjährigen Dienstgeberin gründeten zwei ehemalige Dienstnehmer ein eigenes Unternehmen. Dieses führte, wie die ehemalige Dienstgeberin, ua Stopfaggregate für Gleisstopfmaschinen in ihrem Produktportfolio.
Die beiden Jungunternehmer verwendeten Teile von Konstruktionsplänen ihrer ehemaligen Dienstgeberin als Vorlage für ihr neues Stopfaggregat für den Gleisbau. Die ehemalige Dienstgeberin war „not amused“ und klagte auf Unterlassung der Verwertung ihrer Geschäftsgeheimnisse (ihrer Konstruktionspläne) und auf Unterlassung des Anbietens oder Vertreibens der auf Basis ihrer Geschäftsgeheimnisse hergestellten Produkte, also des Stopfaggregats.
Sie klagte zudem auf Beseitigung bzw Vernichtung aller Unterlagen und Da-tenträger, die ihre Geschäftsgeheimnisse enthielten sowie auf Beseitigung der auf Basis dieser Geschäftsgeheimnisse hergestellten Produkte. Darüber hinaus begehrte sie Auskunft über die gewerblichen Abnehmer und die geplanten Verkaufsstellen, über die Anzahl der hergestellten, ausgelieferten und bestellten Produkte sowie über die dafür bezahlten Preise. Rechnungslegung über alle Umsätze, die die Beklagten durch die Verwertung ihrer Geschäftsgeheimnisse erzielten und Schadenersatz begehrte sie ebenso. Ihre Ansprüche stützte sie auf den Schutz von Geschäftsgeheimnissen nach den Bestimmungen des UWG.
Das Verfahren durchlief alle Instanzen. Letztlich musste der OGH darüber ent-scheiden, ob die Klägerin durch das Kopieren der Konstruktionspläne in ihrem Recht auf Schutz von Geschäftsgeheimnissen verletzt ist.
Sind Konstruktionspläne Geschäftsgeheimnisse?
Den Begriff des Geschäftsgeheimnisses definiert das UWG, entsprechend der Know-How-Richtlinie der EU. Ein Geschäftsgeheimnis ist jede Information, die geheim, also deren Kenntnis auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt ist, weder allgemein bekannt noch ohne Weiteres zugänglich (weil sie zB aus öffentlichen Quellen abrufbar) ist.
Laut OGH handle es sich bei den Konstruktionsplänen erwartungsgemäß um geheime Informationen der Klägerin, weil dem „durchschnittlichen Fachmann auf dem betreffenden Gebiet des Maschinenbaus nicht alle Details der Pläne aus öffentlichen Quellen zugänglich“ gewesen seien.
Darüber hinaus muss die Information einen kommerziellen Wert haben, da-mit sie als Geschäftsgeheimnis im Sinne des UWG geschützt ist. Ein ziffern-mäßig bestimmter Vermögenswert, ab dem man von einem Geschäftsgeheimnis sprechen kann, existiert nicht. Notwendig ist in der Regel ein realer oder potenzieller (Handels-)Wert. Der kommerzielle Wert liegt auch dann vor, wenn die Offenlegung der Information wirtschaftliche Nachteile für den Inhaber des Geschäftsgeheimnisses hat. Dies ist zB dann der Fall, wenn es zu einer Aushöhlung der geschäftlichen oder finanziellen Interessen der Wettbewerbsfähigkeit kommt.
Aber selbst wenn Dienstnehmer Geschäftsgeheimnisse ihres Dienstgebers rechtswidrig erlangen, stehen dem Dienstgeber die Ansprüche nach dem UWG nur dann zu, wenn die Geschäftsgeheimnisse einen kommerziellen Wert haben.
Nach Ansicht des OGH beeinträchtige „die Kenntnisnahme ihrer Konstruktionspläne […] nicht in relevanter Weise die kommerziellen Interessen der Klägerin“. Die Wettbewerbsposition der Klägerin sei „nicht durch die teilweise Verwendung ihrer Zeichnungen als Vorlage für Konstruktionen der Beklagten, sondern vielmehr durch deren patentierte Weiterentwicklung der Antriebseinheit in Form eines hydraulischen Stopfantriebs […] bedroht“.
Der OGH verneinte daher den kommerziellen Wert der von den Beklagten verwendeten Konstruktionspläne. Dabei handle es sich um Pläne für „Pickelarm, Schwenklager und Pickelhalterung“, nicht jedoch für „die von den Beklagten patentierte Antriebseinheit“.
2. Entscheidung
Die Klägerin kann ihre Geschäftsgeheimnisse daher nicht unter Berufung auf das UWG schützen.